@HTAI, 07.11.2019 Hessen Trade & Invest

Und täglich grüßt der Brexiteer

Eins muss man Boris Johnson lassen: Er hat neuen Schwung in die Brexit-Verhandlungen gebracht, sogar einen neuen Deal mit der EU ausgehandelt. Doch auch er scheitert im britischen Parlament und muss eine Austrittsverlängerung beantragen. Der 31. Oktober ist Geschichte, die „Flextension“ geht weiter und am 12. Dezember wird gewählt. Willkommen in der x-ten Brexit-Runde.

Wie im Film: mit einem Murmeltier nicht nur das Wetter, sondern auch den Brexit vorhersagen? © istockphoto.com/ gilles_oster

Vielleicht kennen Sie ja den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, in dem ein Reporter immer und immer wieder den gleichen Tag durchlebt. Nun, so langsam können wir mit dem Hauptdarsteller Bill Murray mitfühlen, der anfangs an dieser Situation verzweifelt. Im Gegensatz zu ihm können wir unseren Endlostag jedoch nicht zu unseren Gunsten gestalten, sondern sind auf die Ergebnisse der politischen Entwicklungen angewiesen. Und die bringen nicht wirklich etwas Neues.

Lieber tot im Graben als Fristverlängerung

Bereits Anfang September machte Premierminister Boris Johnson klar, was er von einem erneuten Aufschieben des Brexits hält: „Lieber liege ich tot im Graben.“ Beerdigt wurde letztendlich aber nur der Austrittstermin 31. Oktober, obwohl es erst noch recht positiv aussah. Nachdem beide Häuser des britischen Parlaments mit dem Benn Act ein Gesetz verabschiedet hatten, das einen No-Deal-Brexit ausschließt, nahm Johnson das Heft des Handelns in die Hand. Es gelang ihm, mit der EU einen neuen Deal zu vereinbaren, der das Problem des Backstops löst. Der geregelte Austritt Ende Oktober schien plötzlich zum Greifen nah.

Theresa May mit Déjà-vu

Im britischen Unterhaus bot sich dann jedoch das gewohnte Schauspiel. Der neue Deal: abgelehnt. Eine erneute Abstimmung: abgelehnt. Ex-Premierministerin Theresa May fühlte sich an das Ringen um ihren Deal vor einigen Monaten erinnert: „Ich habe ein Déjà-vu.“

Und Boris Johnson? Er war nun gesetzlich dazu gezwungen, per Brief – den er demonstrativ nicht unterschrieb – bei der EU um einen erneuten Aufschub zu bitten. Die verbleibenden 27 EU-Staaten verständigten sich schließlich darauf, den Brexit-Termin auf den 31. Januar 2020 zu verschieben. Da es sich hierbei erneut um eine Flextension handelt, kann der Austritt auch früher vollzogen werden, sofern Großbritannien den vorliegenden Vertrag akzeptiert.

Labour stimmt Neuwahlen zu

Mit dem Halloween-Brexit war Johnson gescheitert – nächstes Ziel: vorgezogene Neuwahlen. Sein Kalkül dabei ist klar: Mit einer eigenen Mehrheit im Parlament könnte er den Brexit nach seinen Vorstellungen gestalten. Da auch die Labour-Partei zuvor immer wieder Neuwahlen gefordert hatte und ein No-Deal-Brexit vorerst vom Tisch war, willigte auch Jeremy Corbyn ein – Großbritannien wird am 12. Dezember 2019 wählen. Bei einem Labour-Sieg dürfte es sehr wahrscheinlich zu einem erneuten Referendum kommen. Nicht unterschätzen sollte man allerdings auch die Brexit-Partei von Nigel Farage.

Ich habe ein Déjà-vu.

THERESA MAY, frühere britische Premierministerin

Großbritannien bleibt wichtiger Partner für Hessen

Bei einem Empfang der in Hessen lebenden britischen Business-Community bekräftigten sowohl Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir als auch Dr. Rainer Waldschmidt, Geschäftsführer der Hessen Trade & Invest GmbH, die Verbundenheit zwischen Hessen und Großbritannien. „Wir sind und bleiben eng mit unseren britischen Freunden verbunden“, sagte Al-Wazir bei der Veranstaltung im Frankfurter English Theatre. Dessen Intendant, Daniel Nicolai, begrüßte die Gäste mit einem Augenzwinkern: „Dass wir die Jubiläumsspielzeit mit ‚Flirting with Madness‘ überschrieben haben, ist natürlich reiner Zufall.“

Auch Al-Wazir setzte das Programm des Theaters in einen größeren Kontext: „Am English Theatre ist jedes Stück auch ein Akt gelebter Internationalität, und diese Internationalität zählt zu den Stärken unseres Standortes.“ Durch den nach wie vor unbekannten Ausgang des Brexits herrschte naturgemäß eine gewisse Verunsicherung auf allen Seiten – trotz bestmöglicher Vorbereitung auf alle Eventualitäten. Selbst mit der Entscheidung für Neuwahlen in Großbritannien wird diese Ungewissheit erst einmal anhalten.

Dass wir die Jubiläumsspielzeit mit ‚Flirting with Madness‘ überschrieben haben, ist natürlich reiner Zufall.

DANIEL NICOLAI, Intendant des English Theatre Frankfurt

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