@HTAI, 24.01.2019 Hessen Trade & Invest

Wie, wann und wohin? Stell dir vor, es ist Brexit, und keiner tritt aus

Nur noch gute zwei Monate bis zum offiziellen Austrittsdatum und in Sachen Brexit sind wieder alle Weichen in Richtung Ungewissheit gestellt. Lässt sich ein ungeordneter Brexit noch verhindern?

Fünf vor zwölf im EU-Austritt – London rennt die Zeit davon. © istockphoto.com/ borchee

Am 15. Januar stimmte das britische Parlament über den Entwurf des Austrittsabkommens ab. Das Ergebnis: eine herbe Niederlage für Premierministerin Theresa May. Von den 423 Abgeordneten, die gegen den Entwurf stimmten, stammten 118 aus ihrer eigenen Tory-Partei. Das war das vorläufige Aus für den Vertragsentwurf, der zuvor in langwierigen Verhandlungen mit der EU ausgehandelt worden war.

Mit einigen Tagen Durchatmen nach der ersten Schockstarre wegen des Abstimmungsergebnises sollte Theresa May dann am 21. Januar eigentlich ihren Plan B für den Austritt präsentieren, aber auch dieser nächste Schritt in Richtung Brexit-Klarheit wurde zunächst verschoben.

Die EU-27 zeigen derweil Bereitschaft, das Austrittsdatum auf Juni zu verschieben und den Briten so mehr Zeit zu verschaffen. Es besteht aber trotz allem Eile: Ein späterer Termin würde durch die Europaparlaments-Wahl im Mai verkompliziert. Das neu gewählte Parlament tritt erstmals am 2. Juli zusammen, sollte Großbritannien dann noch Mitglied der EU sein, ohne an der Wahl teilgenommen zu haben, würde jede Entscheidung des Parlaments anfechtbar. Eine prekäre Situation.

Die Hessische Europaministerin Lucia Puttrich plädiert derweil für eine erneute Volksabstimmung über einen Verbleib Großbritanniens in der EU: „Die Entscheidung über Mitgliedschaft oder Austritt aus der EU ist die wichtigste Entscheidung in der jüngeren Geschichte Großbritanniens. 2016 hat sich eine knappe Mehrheit für den Brexit entschieden, ohne wirklich zu wissen, was er konkret bedeuten wird. Das ist heute anders. Außerdem stellt die Politik in Großbritannien seit Monaten ihre Handlungsunfähigkeit unter Beweis.“

Länder wie Deutschland oder die Niederlande, die wirtschaftlich eng mit Großbritannien verbandelt sind, bereiten sich in der Zwischenzeit konzentriert auf ein No-Deal-Szenario vor. In regulären Handelsbeziehungen wäre auch dieses Szenario zu stemmen. Es gibt aber Branchen und Unternehmen, wie etwa die Automobilindustrie oder der Flugzeughersteller Airbus, in denen Produktions- und Lieferketten zwischen Großbritannien und dem europäischen Kontinent so eng verflochten sind, dass ein ungeregelter Brexit katastrophale Auswirkungen haben könnte. 

Die Entscheidung über Mitgliedschaft oder Austritt aus der EU ist die wichtigste Entscheidung in der jüngeren Geschichte Großbritanniens.

LUCIA PUTTRICH, Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten

Grundsätzlich wird Hilflosigkeit angesichts einer fehlenden Zielsetzung hörbar: „Ohne dass klar ist, was wir erreichen wollen, macht die Verlängerung der Verhandlungen aus meiner Sicht keinen Sinn“, sagte Manfred Weber (CSU), Chef der konservativen EVP-Fraktion, dem Nachrichtenmagazin Spiegel

Die Hoffnung ist, dass die EU auch weiterhin an der Einigkeit festhält, die man durch die gesamten Brexit-Verhandlungen gezeigt hat und die nicht jeder für möglich gehalten hatte.

Ohne dass klar ist, was wir erreichen wollen, macht die Verlängerung der Verhandlungen aus meiner Sicht keinen Sinn.

MANFRED WEBER (CSU), Chef der konservativen EVP-Fraktion

Sie bekommen das Update noch nicht?

Melden Sie sich hier an und bleiben Sie stets informiert.