Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
das Abstimmungsergebnis im britischen Parlament über den Austrittsvertrag schafft… So oder so ähnlich hätten wir Sie gerne begrüßen wollen, doch erneut folgt der Brexit seinen eigenen Regeln und die Lage in Großbritannien hat sich abermals drastisch verändert: Theresa May hat die Abstimmung im britischen Unterhaus über das vorliegende EU-Austrittsabkommen vorerst auf unbekannte Zeit verschoben. Die Entscheidung überraschte nicht mehr, nachdem die Stimmen, die Widerstand gegen den vorliegenden Entwurf äußerten, doch immer lauter wurden. Die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, dass Großbritannien den Austrittsantrag einseitig und ohne Zustimmung der anderen EU-Staaten zurückziehen kann, dürfte dabei auch unter den Remainern eher zu einer Ablehnung des ausgehandelten Abkommens beitragen, wie sich Pressestimmen derzeit einig sind. Zudem nahm auch innerhalb des Kabinetts der Druck zu, eine Niederlage in der Abstimmung vermeiden zu wollen.
Die britische Premierministerin strebt nun Neuverhandlungen in Brüssel an und reist noch diese Woche zum turnusmäßig stattfindenden EU-Gipfel. Wenige Tage verbleiben bis zum offiziellen Austrittsdatum Großbritanniens aus der EU – und statt eines konkreten Fahrplans für die verbleibende Zeit liegen mehr denkbare Szenarien als jemals zuvor auf dem Verhandlungstisch. Eben auch der Exit vom Brexit oder gar ein zweites Referendum. Seien Sie auf alles vorbereitet!
Wir werden Sie auch weiterhin in unserem Update und auf unserer Website über die aktuellen Entwicklungen rund um die Brexit-Verhandlungen informieren. In der Zwischenzeit finden Sie in unserem Interview mit Tim Müller, stellvertretender Leiter Geschäftsbereich International der IHK Gießen-Friedberg, Erfahrungen aus der Praxis und Handlungsempfehlungen.
In einem Übersichtsartikel haben wir Ihnen zudem die letzten Entwicklungen bis zur abgesagten Abstimmung zusammengefasst.
Ich wünsche Ihnen eine informative Lektüre und besinnliche Feiertage!
Ihr Dr. Rainer Waldschmidt,
Geschäftsführer Hessen Trade & Invest GmbH
Statt eines konkreten Fahrplans für die verbleibende Zeit liegen mehr denkbare Szenarien als jemals zuvor auf dem Verhandlungstisch.
Stimmen zum Brexit
Jetzt handeln statt abwarten und Tee trinken: Interview mit Tim Müller, IHK Gießen-Friedberg
Die Experten der Industrie- und Handelskammern haben wohl einen der tiefsten Einblicke in die Stimmungslage deutscher Unternehmen. Beim Thema Brexit zeigt sich: Der Beratungsbedarf ist groß – schließlich sind rund 2.500 deutsche Unternehmen im Vereinigten Königreich vertreten und beschäftigen dort über 400.000 Mitarbeiter. Tim Müller ist einer dieser Experten. Wir haben den stellvertretenden Geschäftsbereichsleiter International der IHK Gießen-Friedberg zur „Belastungsprobe Brexit“ befragt.
Herr Müller, könnten Sie zum Einstieg bitte kurz Ihre Position skizzieren, die Sie bei der Veranstaltung „Belastungsprobe Brexit – neue Chancen, neue Risiken für die hessische Wirtschaft“ im Juni 2018 vertreten haben?
Die größten Risiken sehe ich im Warenverkehr und im Transportsektor. Betrachtet man diese beiden Bereiche, möchte ich insbesondere auf zwei mögliche Szenarien aufmerksam machen: zum einen auf den „harten Brexit“, bei dem der Warenverkehr zwischen EU und UK wieder nach WTO-Regeln erfolgen würde und zum anderen auf ein „Freihandelsabkommen“, das geringere Auswirkungen für den Warenverkehr und Transport darstellen könnte. Ebenfalls wurden die Auswirkungen im Hinblick auf Zollförmlichkeiten, Verbote und Beschränkungen, Zölle und Ursprungsregeln und die damit verbundenen zusätzlichen Kosten für die Unternehmen skizziert.
Was sind die häufigsten Fragen und Themen, die Ihnen von Unternehmerseite rund um den Brexit begegnen?
Die Themen, mit denen sich unsere Unternehmen seit Anfang 2018 beschäftigen, sind sehr vielfältig. Die am häufigsten nachgefragten lassen sich am besten wie folgt thematisch gliedern:
Zollanmeldungen
Deutsche Unternehmen müssen für ihr Großbritannien-Geschäft ab dem 1. Januar 2021 zu Zollanmeldungen zurückkehren. Unternehmen, die bislang nur an Kunden innerhalb des europäischen Binnenmarkts geliefert haben, sollten daher rechtzeitig entsprechendes Exportwissen aufbauen.
Präferenznachweise und Präferenzkalkulation
Waren, die sich innerhalb der EU im freien Verkehr befanden, konnten bislang zollfrei zwischen Großbritannien und Deutschland hin- und hergeliefert werden. Künftig ist das nur noch möglich, wenn die Nachweise für einen EU- bzw. UK-Präferenzursprung vorliegen. Liegen die Nachweise nicht vor, fallen möglicherweise Zölle an. Bereits heute sollten Unternehmen daher den Anteil ihrer britischen Vorerzeugnisse genau betrachten und deren Wert ermitteln, um dann gegebenenfalls nach alternativen Bezugsquellen für ihre Vorprodukte zu suchen.
Preise
Ausfuhren nach Großbritannien werden künftig einen höheren personellen, administrativen und finanziellen Aufwand erfordern. Unternehmer sollten dies bereits jetzt bei ihrer Preiskalkulation berücksichtigen. Auch ein möglicher Zoll auf die Produkte und das Risiko von Währungsschwankungen sollte in die Kalkulation einfließen. Abschließend wäre dann zu prüfen, ob die Ware überhaupt noch konkurrenzfähig auf dem britischen Markt ist.
Wartezeiten für Lieferprozesse
Unternehmen werden sich gerade in den Anfangszeiten auf längere Lieferzeiten einstellen müssen. Schließlich muss eine zollrechtliche Abfertigung erfolgen. Dafür fehlen aber momentan auf britischer Seite sowohl circa 5.000 Zollbeamte als auch die entsprechenden IT-Systeme.
Lieferketten
Unternehmen, die bislang Waren aus Großbritannien oder britischen Ursprungs beziehen, sollten jetzt ihre Lieferketten überprüfen. Die wichtigste Frage dabei lautet: Verfügt mein britischer Lieferant für seine Produkte künftig noch über die notwendigen EU-Zulassungen für das Inverkehrbringen seiner Waren? Typen-Zulassungen durch britische Zulassungsbehörden verlieren nach aktuellem Kenntnisstand nach Ablauf der Übergangsfrist ihre Gültigkeit für den EU-Binnenmarkt.
Anzeigepflicht bei bestimmten Gütern
Bei der Einfuhr bestimmter Waren aus Drittstaaten in die EU, z.B. medizinischer oder kosmetischer Produkte, bestehen für den Hersteller und/oder Importeur bestimmte Anzeigepflichten. Zudem müssen Sicherheitsbeauftragte benannt werden, die in der EU ansässig sein müssen. Mit dem Austritt aus der EU gelten britische Unternehmen nicht mehr als EU-Importeure, so dass die Anzeigepflicht auf deutsche Unternehmen übergeht. Auch hier sollten Unternehmen rechtzeitig Maßnahmen ergreifen.
CE-Kennzeichnungen
Bestimmte Produkte, wie beispielsweise medizintechnische Geräte, dürfen in der EU nur dann in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind. Diese Kennzeichnung darf nur angebracht werden, wenn geregelte produktspezifische Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurden. Für bestimmte Produktbereiche ist die Präsenz einer „Benannten Stelle“ (Notified Body) erforderlich. Die Benannte Stelle hat den Auftrag, die Konformität von Produkten entsprechend geltender EU-Vorschriften zu prüfen. Im Vereinigten Königreich angesiedelte Benannte Stellen verlieren ab dem Austrittsdatum ihren EU-Status. Deutsche Unternehmen, die für ihre Produkte eine CE-Kennzeichnung benötigen, müssen nach dem Brexit sicherstellen, dass die erforderlichen Zertifikate von einer anerkannten Benannten Stelle mit Sitz in der dann EU-27 ausgestellt werden.
Verträge mit britischen Geschäftspartnern
Bestehende Verträge mit britischen Geschäftspartnern sollten zu einem geeigneten Zeitpunkt auf die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. Zu den zu überprüfenden Vertragsklauseln zählen die Wahl des geltenden Rechts und des Gerichtsstands, die Definition des „Gebiets der EU“ – insbesondere bei Lizenz- oder Vertriebsverträgen – sowie mögliche Vertragsergänzungen zum Ausgleich von Zöllen oder zur Währungsabsicherung. Vertragliche Regelungen zu CE-Kennzeichnungen sowie EU-Normen müssen ebenfalls neu definiert werden. Bei Dienstleistungs-, Arbeits- oder Handelsvertreterverträgen sind Neuregelungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit oder der Dienstleistungserbringung zu beachten.
Ausfuhren nach Großbritannien werden künftig einen höheren personellen, administrativen und finanziellen Aufwand erfordern.
Steuerliche Änderungen
Insbesondere im umsatzsteuerlichen Bereich kommen massive Änderungen auf die Unternehmer zu, da steuerfreie Lieferungen in ein Drittland anderen Regelungen unterliegen, als Lieferungen im Binnenmarkt. Fraglich ist auch, ob sozialrechtliche Erleichterungen, wie das Formular A 1, weiterhin Geltung haben werden.
Auswirkungen auf die Limited-Gesellschaften
Es ist sehr fraglich, ob eine Haftungsbeschränkung für eine Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland weiter bestehen wird. In diesem Bereich gibt es für Unternehmen einen großen Handlungsbedarf.
Messe- und Montagearbeiten
Da Großbritannien in allen denkbaren Fällen zu einem Drittland wird, werden in Zukunft für Dienstleistungen in Großbritannien andere Regelungen gelten als im EU-Binnenmarkt. Inwieweit zukünftig Visa und Arbeitserlaubnisse erforderlich werden, bleibt abzuwarten. Für Berufs- und Messeausrüstung wird voraussichtlich ein Carnet ATA erforderlich sein.
Irland-Vertrieb überprüfen
Oft bearbeiten britische Vertriebspartner den irischen Markt für ihre deutschen Auftraggeber mit. Unternehmen sollten deshalb schon jetzt wichtige Fragen stellen, ob dieser Ansatz auch für die Post-Brexit-Zeit der richtige Weg ist: Welches Geschäftspotenzial bietet der irische Markt tatsächlich? Sollte der irische Markt künftig besser direkt über einen irischen Vertriebspartner bearbeitet werden?
Softwaresysteme
ERP-Anpassungen und andere Software-Änderungen brauchen Zeit. In vergleichbaren Situationen wie dem Brexit veranschlagten Unternehmen eine Anpassungszeit von sechs bis neun Monaten. Ein frühzeitiger Start empfiehlt sich deshalb.
Insbesondere im umsatzsteuerlichen Bereich kommen massive Änderungen auf die Unternehmer zu.
Wie nehmen Sie die Stimmung rund um das Thema „ungeregelter Brexit“ wahr?
Ein ungeregelter Brexit birgt die Gefahr von weitreichendem, handelsbezogenem Chaos. Alle Grundlagen des deutschen Handels mit dem UK beruhen derzeit auf EU-Recht, das sich über viele Jahre entwickelt hat. Nach dem Brexit kämen Grenzkontrollen, Zollanmeldungen und eine ganze Bandbreite massiver Rechtsunsicherheiten auf die Unternehmen zu. Branchen wie die Kfz-Hersteller und deren Zulieferer könnten wegen ihrer engen Vernetzung mit der britischen Insel besonders betroffen sein. Ein ungeordneter Brexit würde einen Rückfall auf die Handelsregeln der Welthandelsorganisation WTO bedeuten.
Welchen Service bietet die IHK Gießen-Friedberg regionalen Unternehmen rund um das Thema Brexit und wie stark wird dieses Angebot genutzt?
Wir halten unsere Mitgliedsunternehmen über Newsletter, Internetseiten, soziale Medien und weitere Kanäle auf dem Laufenden. Zudem stellen wir eine Brexit-Checkliste und ein Brexit-Video bereit. Bei unseren Veranstaltungen, wie dem Zollforum Mittelhessen Ende November, hatten wir den Brexit ebenfalls auf der Agenda. Zudem beraten wir alle Mitgliedsunternehmen individuell zu den Brexit-Themen Zollanmeldungen, Präferenznachweise und Präferenzkalkulation, Lieferketten und Lieferprozesse, Anzeigepflicht bei bestimmten Gütern und Exportkontrolle, CE-Kennzeichnungen sowie Recht und Steuern.
Wie können sich Unternehmen zielgerichtet auf den Brexit vorbereiten?
Die Unternehmen sollten sich an ihren örtlichen Ansprechpartner für den Bereich Internationale Angelegenheiten in den Industrie- und Handelskammern wenden, um sich gezielt vorzubereiten. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, die wichtigsten Aspekte über die DIHK-Checkliste „Are you ready for Brexit?“ in den Rubriken Warenverkehr, Transport, Finanzdienstleistungen und Versicherungen, Personal und Bildung/Berufsbildung, Verträge, Markenrechte und Zertifizierungen, Steuern sowie Gesellschaftsrecht abzurufen. Das Werkzeug der IHK-Organisation bietet Unternehmen in insgesamt 18 Themenfeldern Orientierung, wie sie sich auf den Brexit vorbereiten können.
Herr Müller, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Ein ungeregelter Brexit birgt die Gefahr von weitreichendem, handelsbezogenem Chaos.
Aus der Politik
Ein Etappenerfolg ist noch kein Grund zur Erleichterung
Es war ein zähes Ringen über anderthalb Jahre – das Ergebnis: 585 Seiten stark ist das Austrittsabkommen, auf das sich die 27 Staats- und Regierungschefs der EU auf einem Sondergipfel mit dem Vereinigten Königreich geeinigt haben. Final geregelt ist damit aber noch nichts, eine signifikante Hürde steht noch bevor: Das Abkommen muss vom britischen Unterhaus und dem Europäischen Parlament gebilligt werden. Gerade auf britischer Seite ist mit starken Widerständen zu rechnen.
Das Austrittsabkommen regelt die Bedingungen, unter denen das Vereinigte Königreich nach 45 Jahren die Europäische Union verlässt. Ergänzt wird es durch eine politische Erklärung zu den künftigen politischen Beziehungen. Das Austrittsabkommen behandelt Themen wie Bürgerrechte, Schutz von Rechten des geistigen Eigentums, Datenschutz, den Umgang mit im Umlauf befindlichen Gütern und lange strittige Themen wie die EU-Außengrenze zwischen Nordirland und Irland – Stichwort Backstop.
Gemischte Gefühle und noch keine Entspannung
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist durchwachsen, was die Einschätzung des Austrittsabkommens betrifft: „Das Austrittsabkommen ist ein faires Angebot an Großbritannien, den harten Brexit zu verhindern und eine enge Partnerschaft mit dem Kontinent aufzubauen. Die EU ist damit ihrer Verantwortung nachgekommen, den Schaden für Bürger und Unternehmen möglichst im Rahmen zu halten“, sagt etwa Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.) mit Sitz in Frankfurt am Main.
Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), sieht die Entwicklungen kritisch: „Es gibt keine Entwarnung und für Erleichterung ist es zu früh. Die Lage im Vereinigten Königreich ist beunruhigend.“
Eine Einigung muss bald geschehen, denn ohne Austrittsabkommen ist auch die Übergangsfrist nicht realisierbar, die das Vereinigte Königreich zumindest übergangsweise noch in der Zollunion und im EU-Binnenmarkt halten würde. Gerade für Unternehmen ist diese Übergangsfrist mitunter existenzrelevant, bietet sie doch die Möglichkeit, sich auf einen veränderten Rechtsrahmen einzustellen.
„Solange das Austrittsabkommen nicht ratifiziert ist, empfehlen wir Unternehmen auch weiterhin, sich auch auf den Fall eines chaotischen Brexits vorzubereiten. So bedauerlich dies wäre, es ist zu früh, sich bezüglich der Brexit-Vorbereitungen zu entspannen“, resümiert auch Dr. Rainer Waldschmidt, Geschäftsführer der Hessen Trade & Invest GmbH.
Ein Entwurf sagt noch nicht viel
Es bleibt also ungewiss – und auch wenn das Austrittsabkommen Vorschläge für viele strittige Fragen liefert, eine Hürde gilt es, noch zu nehmen: Am 11. Dezember 2018 muss das britische Unterhaus über das Abkommen abstimmen. Die letzten Wochen haben gezeigt, dass viele Parteien und einige der Tory-Abgeordneten planen, gegen das Abkommen zu stimmen. Der zurückgetretene Dominic Raab wird deutlich in seiner Kritik an der Verhandlungsstrategie der Premierministerin und äußerte, sollte der Deal so bleiben, wäre das Vereinigte Königreich besser dran mit einem No-Deal-Szenario. Dies würde einen ungeordneten Austritt Großbritanniens aus der EU bedeuten.
Es gibt keine Entwarnung und für Erleichterung ist es zu früh. Die Lage im Vereinigten Königreich ist beunruhigend.
Solange das Austrittsabkommen nicht ratifiziert ist, empfehlen wir Unternehmen auch weiterhin, sich auch auf den Fall eines chaotischen Brexits vorzubereiten.
Hier wird Theresa May Widerstände überwinden müssen. Die britische Premierministerin zeigt sich weiterhin kämpferisch in der Verteidigung des Austrittsabkommens und macht dem Kalkül der Brexit-Hardliner eine deutliche Ansage: „Wenn Leute meinen, dass es hier irgendwie weitere Verhandlungen geben könnte, dann ist das nicht der Fall.“
EU-Unterhändler Michel Barnier betonte ebenfalls, dass die EU-27 allen britischen Widerständen zum Trotz keine Neuauflage des Abkommens zulassen dürfen. Von Seiten der EU gebe es nur noch in einigen wenigen Punkten des Abkommens Handlungsspielraum.
No-Deal bedeutet mehr Risiko
Die Bank auf England hat anhand eines Stresstests vorgerechnet, welche Risiken ein No-Deal-Szenario für Großbritannien haben könnte. Die Analyse zeigt, dass Großbritannien im Falle eines ungeordneten Austritts mit der größten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg rechnen könnte. Ohne Abkommen zum 29. März 2019 könnte die britische Wirtschaft innerhalb eines Jahres um 8 Prozent schrumpfen, die Arbeitslosigkeit würde drastisch zunehmen und das britische Pfund dürfte um bis zu 25 % zum US-Dollar nachgeben. Preise für Häuser könnten um knapp ein Drittel fallen. Großbritannien würde vom Brexit wirtschaftlich stärker getroffen werden als von der Finanzkrise 2007. Klar ist, dies ist ein Worst-Case-Szenario, aber eben dieses muss man im Hinterkopf haben, solange es keine verbindlichen Regelungen zum Austritt gibt. Die Bank of England versichert in ihrer Analyse aber ebenso, dass britische Banken auch für einen ungeordneten Austritt gerüstet sind und wirtschaftliche Schockwellen absorbieren können.
Wenn Leute meinen, dass es hier irgendwie weitere Verhandlungen geben könnte, dann ist das nicht der Fall.
Geordnete Verhältnisse: Politische Erklärung und Austrittsabkommen
Es wird konkret: Am 25. November verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der EU-27 den Vertrag zum EU-Austritt Großbritanniens. Diesem ging die Einigung der Verhandlungsteams über die politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit voraus.
Auf dieser Absichtserklärung fußen die Verhandlungen über ein Beziehungsabkommen nach dem Austritt am 29. März 2018. In der Erklärung bekennen sich beide Seiten zu einer engen Partnerschaft bei gleichzeitigem Schutz der Integrität des europäischen Binnenmarkts und der Anerkennung des Bestrebens des Vereinigen Königreichs eine eigene Handelspolitik zu gestalten.
Der zweite Teil des Papiers skizziert die Eckpunkte der künftigen wirtschaftlichen Partnerschaft: Ziele sind eine Freihandelszone sowie die Zusammenarbeit in weiteren Sektoren. Im Bereich der Finanzdienstleistungen bekennen sich die Verhandlungspartner zu gemeinsamen Zielen und Werten sowie der Vereinbarung einer engen und strukturierten Kooperation in regulatorischen und aufsichtlichen Fragen. Die Prüfung der wechselseitigen Äquivalenz soll unmittelbar nach dem Austritt erfolgen.
Die vollständige Absichtserklärung als PDF lesen.
Das Austrittsabkommen
Die Brexit-Unterhändler haben sich auf ein Austrittsabkommen geeinigt. Auf 585 Seiten werden alle Elemente des Rückzugs Großbritanniens aus der EU festgelegt. Das Abkommen hält zudem fest, dass alle Seiten sich nach besten Kräften bemühen, bis zum Ende der Übergangszeit 2020, ein zukünftiges Abkommen abzuschließen.
Den vollständigen Text zum Austrittsabkommen als PDF lesen.
Eine detaillierte Zusammenfassung finden Sie auf sueddeutsche.de
Information
Basiswissen in Stichworten
Die Verhandlungen rund um den Brexit werfen immer wieder neue Fragen auf. In relevantem Basiswissen rund um den Brexit wollen wir erklären, was bleibt, was sich ändern könnte und was nun wichtig wird im Verhältnis der Handelspartner Europäische Union und Vereinigtes Königreich.
Diesmal erklärt: Backstop, Euro-Clearing, Limited-Gesellschaft und No-Deal-Szenario.
Veranstaltungen zum Thema Brexit
Die wichtigsten Veranstaltungen zum Thema Brexit auf einen Blick. Bleiben Sie informiert, diskutieren Sie mit.

Stadtführung „Spurensuche in Bankenfurt – der Brexit in der Stadt am Main“
--AUSGEBUCHT--
Der Brexit ist in aller Munde. Bei dieser Tour erfahren Sie den aktuellen Stand rund um das Thema. Aber auch, warum Frankfurt den Namen Bankenfurt verdient. Gehen Sie mit unserem Guide, dem ehemaligen Banker Till Fischer, auf eine Spurensuche nach der finanziellen Seele der Stadt. Wo kommt das Bankenwesen her, wie ist es aktuell und durch den anstehenden Brexit – wo geht es vielleicht hin ...
Treffpunkt: 15 Minuten vor Beginn vor dem Gerechtigkeitsbrunnen auf dem Römerberg, Frankfurt am Main